Die philippinische Nachrichtenseite Rappler ist der diesjährige Preisträger des Free Media Pioneer Award 2018, der dem Nachrichtenportal für die innovativen journalistischen Methoden und die Einbeziehung des Publikums, sowie die Entschlossenheit, die Behörden trotz zahlreicher Angriffe kritisch in die Pflicht zu nehmen, verliehen wird.
Der Free Media Pioneer Award wird von IPI seit 1996 jährlich vergeben und soll innovative Nachrichten- oder Medienunternehmen auszeichnen, die den Zugang zu Nachrichten und Qualitätsjournalismus gefördert haben oder wichtige Dienste an JournalistInnen oder der Mediengemeinschaft geleistet haben, wodurch eine freiere und unabhängigere Presse in ihrer Region oder ihrem Land ermöglicht wurde. In den letzten vier Jahren wurde der Preis zusammen mit dem Kopenhagener International Media Support (IMS) vergeben.
IPI und IMS gaben zudem bekannt, dass der Journalist Rafael Marques den 70. World Press Freedom Hero Award erhalten wird. Der Angolaner musste über Jahrzehnte hinweg Schikane und strafrechtliche Verfolgung seitens der Regierung für sein anhaltendes Engagement, die Korruption und die Menschenrechtsverletzungen in seinem Heimatland aufzudecken, ertragen. Beide Auszeichnungen werden bei einer eigenen Zeremonie im Rahmen des jährlichen IPI World Kongresses und seiner Generalversammlung am 22. Juni in Abuja, Nigeria vergeben werden.
Das Projekt Rappler wurde im Januar 2012 von Maria Ressa und ihrem Team gegründet. Maria Ressa ist die ehemalige CNN Bürochefin für Südostasien und bekannt für ihre mutigen Nachforschungen zu terroristischen Netzwerken in der Region. Nachdem sie CNN verließ, richtete sie ihren Fokus auf die Modernisierung der philippinischen Medienlandschaft und leitete die Abteilung für Nachrichten und aktuelle Ereignisse von ABS-CBN News, bevor sie sich entschloss, ihre eigene Nachrichtenagentur zu gründen.
Die Website stach sofort hervor, zum Beispiel stützte sie sich von Beginn an auf Crowdsourcing, Bürgerjournalismus, sowie soziale Netzwerke und nutzte diese journalistischen Mittel auf eine Art, die radikal neuartig für die noch traditionelle Medienlandschaft der Philippinen war aber gleichzeitig die weite Verbreitung von neuen Technologien in einem der bevölkerungsreichsten Ländern Asiens widerspiegelte.
„Rappler will neue Technologien nutzen, analysieren, wie diese uns als Menschen verändern und versuchen, die Erkenntnisse für soziale Verbesserungen zu nutzen“, schrieb Ressa im Jahr 2012. „Dadurch definieren wir den Journalismus neu, bauen neue Gemeinschaften auf und nutzen Crowdsourcing um bestimmte Ziele und Aktionen zu finanzieren.“
Zu den Neuerungen der Seite zählt auch ein „Stimmungsmeter“ (Mood Meter), welches den Leser dazu auffordert zu beschreiben, wie er zu einem bestimmten Thema steht. Dies bringt die Leser dazu, die Artikel in den sozialen Netzwerken zu teilen und befüllt auch einen „Stimmungsnavigator“ mit Daten, der diese benutzt, um die „Stimmung des Tages“ zu ermitteln.
Trotzdem ist die digitale Pionierarbeit von Rappler nur ein Teil der Erfolgsgeschichte. Die Website hat sich mittlerweile zu einer der beliebtesten und effektivsten Quellen des Enthüllungsjournalismus in den Philippinen gewandelt und liefert kritische Berichterstattung über die Regierung von Präsident Rodrigo Duterte, der gegenwärtig einen blutigen Krieg gegen die Drogenkonsumenten des Landes führt.
Diese Art von Einsatz für den Überwachungsjournalismus hat Rappler zu einem Ziel gemacht. Wiederholte, aggressive verbale Attacken durch den Präsidenten und seine Unterstützer sowie, in jüngster Zeit, eine scheinbar politisch motivierte Entscheidung der philippinischen Kommission für Wertpapiere und Börsen, Rappler die Betriebserlaubnis zu entziehen. Die Website bleibt vorerst online und Rappler hat Einspruch gegen die Entscheidung erhoben.
In einer Stellungnahme zur Verleihung des Free Media Pioneer Awards unterstrich Ressa das starke Engagement von Rappler für seine Mission.
„Der Journalismus wird von vielen Seiten angegriffen: Autoritäre Herrscher benutzen billige Armeen in den sozialen Netzwerken, um die Öffentlichkeit zu kontrollieren und Technologieunternehmen haben ihre Überwachungsverantwortung größtenteils abgelegt“, merkte sie an. „Es ist schwer, Fakt und Fiktion voneinander zu trennen. Dies sind die neuen Realitäten. Die Anerkennung für die Arbeit, die wir leisten stärkt unseren Mut und unsere Hoffnung, dass trotz der Herausforderungen, die sich uns stellen – also die exponentiellen Online-Attacken und die Schikane – es keine bessere Zeit gibt, um als JournalistIn zu arbeiten. Unsere Mission war nie klarer definiert. Die Demokratie wird bedroht, aber wir werden sie verteidigen.“
IMS Direktor Jesper Højberg lobte die Entscheidung, den Preis an Rappler zu vergeben.
„Rappler verdient den Free Media Pioneer Award“, so Højberg. „Trotz einer immer größer werdenden Bedrohung und bevorstehender Gerichtsverfahren haben die JournalistInnen bei Rappler das fortgeführt, was sie am besten können: Hochqualitativen Journalismus produzieren und veröffentlichen. Rappler ist ein Lichtblick in einer Region, wo die Räume für Meinungsfreiheit immer weiter schrumpfen. Mit der Vergabe dieses Preises würdigen wir den überwältigenden Mut und zeigen unsere Unterstützung für die wichtige Arbeit von Rappler.“
IPI Direktorin Barbara Trionfi hatte gleichermaßen unterstützende Worte für den diesjährigen Preisträger über.
„Es ist uns eine Ehre, den diesjährigen Free Media Pioneer Award an Rappler zu vergeben, deren Engagement für kritische Berichterstattung und der Einsatz von innovativen neuen Methoden für die Miteinbeziehung des Publikums sie in kürzester Zeit zu einem journalistischen Schwergewicht in der philippinischen Medienlandschaft gemacht hat“, merkte Trionfi an. „Wir solidarisieren uns mit Rappler angesichts der Versuche, ihre mutigen und wichtigen Berichterstattungen stillzulegen.“
Der letztjährige Free Media Pioneer Award wurde an das Afghan Journalists Safety Committee, deren mutige Arbeit die Attacken auf JournalistInnen in einem der gefährdetsten Medienlandschaften zu verhindern und zu bekämpfen, Anerkennung verdient.
Aus dem Englischen übersetzt von Benedikt Stuck