Der Journalist Rafael Marques de Morais aus Angola ist vom International Press Institute (Internationales Presse Institut, IPI) zum 70. World Press Freedom Hero ernannt worden. In seinem Heimatland berichtet er über Korruption und Menschenrechtsverletzungen und musste dafür über Jahrzehnte hinweg Schikane seitens der Regierung ertragen.
IPI zeichnete außerdem die philippinische News-Website Rappler mit dem Free Media Pioneer Award 2018 aus. Die Auszeichnung sollte den innovativen Ansatz zu Journalismus und der Einbindung des Publikums der Seite ehren, ebenso wie die Entschlossenheit der Seite die Behörden zur Verantwortung zu ziehen, obwohl diese aggressiv ihre Arbeitsweise stören wollten.
Die beiden Auszeichnungen wurden in den letzten vier Jahren in Kooperation mit dem Kopenhagener International Media Support (IMS) vergeben. Dieses Jahr werden sie auf einer besonderen Feier am 22. Juni im Rahmen des IPI Weltkongresses und seiner Generalversammlung in Abuja, Nigeria überreicht.
Der IPI World Press Freedom Hero Award wird an JournalistInnen vergeben, die sich maßgebend für die Pressefreiheit eingesetzt haben, insbesondere wenn sie dafür ein großes persönliches Risiko eingegangen sind.
Marques begann seine Karriere als Reporter bei der staatlichen Zeitung Jornal de Angola im Jahr 1992, wurde aber bald darauf entlassen, da er die vorgegebene Linie der Berichterstattung des Präsidenten José Eduardo dos Santos nicht einhalten wollte, welcher die ehemalige portugiesische Kolonie zwischen 1979 und 2017 mit eiserner Faust regierte.
Im Jahr 2008, nachdem er jahrelang für unabhängige Nachrichtenverleger in Angola gearbeitet und dabei zahlreiche Berichte über Menschenrechtsverletzungen verfasst hatte, gründete Marques die Watchdog-Website Maka Angola, welche eine investigative Berichterstattung über Korruptionsskandale von angolanischen Spitzenpolitikern, Wirtschaftsführern und Militärs bereitstellt.
Marques zog den Zorn der Regierung erstmals im Jahr 1999 auf sich, als er einen Artikel in der unabhängigen Wochenzeitung Agora veröffentlichte, in dem er dos Santos einen Diktator und verantwortlich für die Zerstörung des Landes, sowie die staatliche Inkompetenz und Korruption nannte. Kurze Zeit darauf wurde Marques verhaftet und wegen Verleumdung angeklagt. Er verbrachte 43 Tage in Untersuchungshaft, bevor man ihn im März 2000 zu einer halbjährigen Freiheitsstrafe verurteilte. Der angolanische Oberste Gerichtshof wandelte die Strafe daraufhin aber in eine Bewährungsstrafe um.
Große Teile von Marques’ kreuzzugartiger Arbeit handeln von dem kleptokratischen Umgang mit den Bodenschätzen Angolas, wobei die großen Erdöl- und Mineralvorkommen einer kleinen Führungselite großen Reichtum gebracht haben, während Millionen weiter in Armut leben. Seine international bekannteste Arbeit, das Buch „Blood Diamonds: Corruption and Torture in Angola“ aus dem Jahr 2011, lieferte detaillierte Anschuldigungen zu Mord, Übergriffen, willkürlichen Verhaftungen und gewaltsamer Vertreibung der Zivilbevölkerung im Zusammenhang mit der lukrativen Diamantenförderungsindustrie des Landes. Nachdem eine Gruppe von angolanischen Spitzengenerälen, die in dem Buch beschuldigt wurden Anklage erhoben, wurde Marques wieder zu einer halbjährigen Bewährungsstrafe wegen Verleumdung verurteilt.
Anfang der 2000er Jahre hatte Marques auch bekannterweise über Korruption und mutmaßliche Übergriffe durch das Militär in der ölreichen Provinz Cabinda berichtet, in der auch eine lange bestehende Separatistenbewegung beheimatet ist. Kürzlich veröffentlichte er den Report „Angola’s Killing Fields – A Report on Extrajudicial Executions in Luanda“. Marques sah sich in seiner Karriere vielen Gefahren von sowohl körperlicher, als auch verbaler Schikane seitens der Regierung ausgesetzt.
IPI Direktorin Barbara Trionfi lobte Marques für seinen Einsatz, die Wahrheit in einem für die Pressefreiheit besonders schwierigen Umfeld ans Licht zu bringen.
„Trotz der systematischen Unterdrückung der freien Medien in Angola hat Rafael Marques es geschafft – im Angesicht von großem persönlichem Risiko – mutig und beständig den Scheinwerfer auf Machtmissbrauch auf der höchstem Ebene zu richten“, sagte sie. „Durch seine Artikel, Bücher und Nachforschungen hat Herr Marques die Art von Watchdog-Journalismus ausgeübt, welchen die staatlich kontrollierte Presse in Angola nicht durchführen konnte und somit einen essentiellen Dienst an der angolanischen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft erwiesen.“
Trionfi verurteile außerdem ein andauerndes Gerichtsverfahren gegen Marques, in dem er und einer seiner Kollegen, Mariano Brás Lourenço, sich einer Anklage wegen Beleidigung einer öffentlichen Behörde entgegenstellen müssen, die aufgrund eines 2016 erschienenen Artikels über Immobilientransaktionen des damaligen angolanischen Generalstaatsanwalts erhoben wurde. Zusammen sehen sie im Falle einer Verurteilung einer Gefängnisstrafe von bis zu vier Jahren entgegen. Der Fall hat Bedenken über die mögliche demokratische Reform in Angola unter dem Präsidenten João Lourenço, welcher dos Santos letztes Jahr ersetzte, aufgeworfen.
„Angola muss aufhören, Herrn Marques zu bedrohen und zu schikanieren, dies gilt natürlich auch für alle anderen JournalistInnen in Angola“, merkte sie an. „Wenn Präsident Lourenço sein Vorhaben zur Veränderung wirklich ernst meint, so muss er kritischen und unabhängigen Medien ein freies Arbeitsfeld gewähren.“
In einer ersten Stellungnahme begrüßte Marques den Award als „wunderbare Nachricht“.
„Ich bin zutiefst dankbar und fühle mich geehrt“, sagte er. „Geehrt deshalb, weil dieser Award zu einer Zeit kommt, wo ich wegen der Aufdeckung von Korruption auf höchster Ebene vor Gericht stehe, während Präsident Lourenço für sich in Anspruch nimmt, diese zu bekämpfen. Dennoch ist es geradezu unpassend, einen internationalen Preis für meine grundlegende Arbeit zu erhalten, die Missstände meines eigenen Landes aufzudecken, um sie der Allgemeinheit bewusst zu machen.“
Marques ist der erste IPI World Press Freedom Hero aus Angola und der dritte aus einem portugiesisch sprechenden Land, bei den anderen beiden handelt es sich um Nuno Rocha aus Portugal und Júlio de Mesquita Neto aus Brasilien. Als Absolvent der Goldsmiths University of London und der Universität Oxford erhielt Marques unter anderem bereits den Allard-Preis für internationale Integrität und den Preis für Zivilcourage der Train Foundation.
Der IPI World Press Freedom Hero Award wurde im Jahr 2017 an den äthiopischen Journalisten und Blogger Eskinder Nega vergeben, der fast 6 Jahre wegen unbegründeter Anti-Terror Anschuldigungen im Gefängnis saß, bevor er im Februar 2018 endlich freigelassen wurde.
Aus dem Englischen übersetzt von Benedikt Stuck