In Jänner 2011 wird Dr Sperl den Post als neuer Vorsitzender des österreichischen IPI Komitees übernhemen. Dr. Sperl war bis 2007 Chefredakteur bei österreichischen Qualitätszeitung Der Standard.
IPI: IPI ist die einzige Pressefreiheitsorganisation mit Nationalkomitees. Ab Jänner werden Sie Vorsitzender des österreichischen IPI Komitees. Was sind die Vorteile dieses Systems, und welche Rolle erhoffen Sie für das erneuerte österreichische Komitee – in Österreich und in der Welt?
Sperl: Die Journalisten in den österreichischen Medien reagieren sehr sensibel gegenüber Versuchen, die Pressefreiheit einzuschränken. Erst jüngst hat das Justizministerium geplante Einschränkungen wieder fallen gelassen. Das heißt: Ein neu formiertes Nationalkomitee wird die Qualität der Medienfreiheit in Österreich nicht nur verteidigen, sondern auszubauen versuchen. Das ist die Voraussetzung, um bei Bedrohungen in anderen Ländern kompetent auftreten zu können. Die Errichtung eines Presserates und die Existenz eines Ethikrats sind instiutionelle Neuerungen, die lange gefehlt haben.
IPI: In den letzten Wochen hat es in Österreich heftige Debatten zum Thema Pressefreiheit gegeben. Glauben Sie, dass hier die Pressefreiheit in Gefahr ist?
Sperl: In keinem Jahr der letzten Zeit war die Pressefreiheit sicher. Immer wieder mussten Versuche abgewehrt werden, die Arbeit der Journaliaten zu behindern oder sie sogar mit Strafen bei Enthüllungen zu bedrohen. Gleichzeitig ist darauf zu achten, dass die Pressefreiheit nicht auch durch kommerzielle Interessen der Verlage bedroht ist.
IPI: Das Prinzip des Redaktionsgeheimnisses wird gerade von Akademikern, Journalisten und Politikern diskutiert. Wie sehen Sie als jemand mit fast 30 Jahren Erfahrung als Chefredakteur die jetzige Debatte, und warum ist das Redaktionsgeheimnis wichtig?
Sperl: Eine Aufweichung des Redaktionsgeheimnisses wäre der Anfang vom Ende der Medienfreiheit. JournalistInnen würde man das publizistische Rückgrat brechen. Sie könnten nie mehr aufrecht gehen.
IPI: Inwiefern haben sich die Erwartungen der österreichischen Medienkonsumenten in den letzten Jahren geändert, wenn überhaupt? Können die einheimischen Medien mit Konkurrenten aus dem deutschsprachigen Raum (z.B. Deutschland) mithalten?
Sperl: Ein Vergleich aus dem Fußball. In der Champions League sind wir in der Regel nicht. Aber einige Zeitungen haben einen fixen Platz in der Europaliga.
IPI: In den letzten zehn oder zwanzig Jahren gab es eine eindeutige Diversifikation der Druck- und vor allem der Rundfunkmedien in Österreich. Was sehen Sie als Herausforderungen und Chancen für etablierte Medienhäuser?
Sperl: Neue Medien haben alte nie verdrängt. Die Printmedien müssen jedoch durch Innovationen und Anpassung an Lese- und Schau-Konventionen ihre Positionen halten. Früher genügte im Eiskunstlauf der zweifache Axel, heute muß es ein vierfacher sein. Die Piruetten drehen schneller.