Das Deutsche Nationalkomitee des International Press Institute IPI* setzt sich dafür ein, dass ausländische Medienvertreter, insbesondere Journalisten aus der Türkei, als Gerichtsberichterstatter zur Münchner NSU-Gerichtsverhandlung zugelassen werden. Bei dem vom Gericht praktizierten Auswahlverfahren für die Journalistenplätze im Gerichtssaal war die zeitliche Reihenfolge der Anmeldungen ausschlaggebend. Das hatte zur Folge, dass schon nach wenigen Stunden alle 50 Plätze vergeben waren, wobei ausländische Journalisten nicht zum Zuge kamen.
„Das Gericht hätte bei der Ausübung seines Ermessens berücksichtigen müssen, dass aufgrund der hohen Zahl türkischer Tatopfer in der türkischen Öffentlichkeit ein besonderes Interesse an diesem Verfahren besteht. Eine authentische, unmittelbare Berichterstattung durch türkische Medien setzt aber die Zulassung türkischer Journalisten zur Gerichtsverhandlung voraus“, so der Vorsitzende des Deutschen IPI Nationalkomitees, Carl-Eugen Eberle. Er erinnerte zudem daran, dass gerade auch von deutscher Seite – zuletzt von der Bundeskanzlerin bei ihrem Türkeibesuch – immer wieder auf das Unrecht hingewiesen wurde, das türkische Journalisten in ihrer Heimat erleiden müssen, wo aufgrund oft zweifelhafter Gerichtsurteile derzeit noch über 70 Journalisten im Gefängnis sitzen. „Angesichts dessen wäre es fatal, wenn sich nun ein deutsches Gericht vorhalten lassen müsste, der Pressefreiheit nicht die ihr gebührende Beachtung zu schenken“, so Eberle.
Eine praktikable Lösung könne die Video-Übertragung der Verhandlung in einen zweiten Saal bieten, in dem auch für ausländische Journalisten genügend Plätze zur Verfügung stehen. § 169 S. 2 Gerichtsverfassungsgesetz verbiete nur Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen, Video-Übertragungen in einen zweiten Saal erfüllten aber nicht das Rundfunkkriterium und seien auch keine öffentliche Vorführung, die diese Vorschrift ebenfalls verbiete. „Wenn das Recht die Zulassung türkischer Medienvertreter gebietet und gleichzeitig praktikable Wege dafür ermöglicht, sollte man sich nicht scheuen, diese auch zu beschreiten“, so Eberle.
*IPI ist ein weltweit tätiges Netzwerk von Verlegern, führenden Journalisten und Medienleuten zur Förderung und zum Schutz der Presse- und Medienfreiheit mit Sitz in Wien.