Eine Bündnis aus Organisationen für die Meinungsfreiheit, angeführt vom International Press Institute (Internationales Presse Institut, IPI), startete die „I Subscribe“-Kampagne für unabhängigen Journalismus in der Türkei. Die Kampagne soll Leser aus aller Welt dazu ermutigen, die wenigen verbleibenden unabhängigen Zeitungen in der Türkei zu abonnieren und damit ein Zeichen für ihre Unterstützung zu setzen.
Die Kampagne startet mit der Promotion der säkularen Tageszeitung Cumhuriyet und wird sich später auf andere Nachrichtenagenturen mit diversen Hintergründen und redaktionellen Ausrichtungen konzentrieren.
„Der unabhängige Journalismus in der Türkei kämpft derzeit ums Überleben“, sagte Barbara Trionfi, die Direktorin von IPI. „Das Abonnement bei einer unabhängigen Nachrichtenagentur unterstützt diese auf direktem Wege – ganz egal, wo der Abonnent sich letztendlich befindet.“
Der unabhängige Journalismus in der Türkei ist einer ernsthaften Bedrohung ausgesetzt. Es wird geschätzt, dass 90 Prozent der Medienagenturen des Landes von der Regierung beeinflusst werden und mehr als 180 Nachrichtenagenturen mussten seit dem gescheiterten Staatsstreich von 2016 schließen. Seit dem 1. Juni 2018 sind mindestens 153 Journalisten in der Türkei inhaftiert, hunderte weitere müssen sich vor Gericht verantworten.
Mehr über die Situation der Pressefreiheit in der Türkei
Zeitungen, die nicht offenkundig die Regierung unterstützen, werden der Werbeeinnahmen von sowohl öffentlichen als auch privaten Auftraggebern beraubt, wobei es Hinweise gibt, dass der Staat die privaten Unternehmen dazu drängt, nicht mehr in den unabhängigen Medien zu werben.
Um diesem Rückschlag entgegenzuwirken, müssen die Zeitungen vermehrt auf unabhängige Finanzierung durch Leserabonnements setzen. Ohne diese werden sie in Zukunft ihren Betrieb nicht fortsetzen können.
Die Zeitung Cumhuriyet, 1924 gegründet und somit eine der ältesten Zeitungen der Türkei, ist eins der obersten Ziele der staatlichen Repression. Im April wurden 14 der JournalistInnen und MitarbeiterInnen – unter ihnen auch der Geschäftsführer und Chefredakteur – aufgrund von haltlosen Vorwürfen der terroristischen Betätigung zu Haftstrafen verurteilt. Trotz des Drucks von gesetzlicher und ökonomischer Seite ist die Zeitung nicht von der kritischen und säkularen redaktionellen Ausrichtung abgewichen.
Der Großteil der veröffentlichen Inhalte von Cumhuriyet erscheint derzeit noch auf Türkisch, jedoch werden auch Nachrichten auf Englisch verfasst. Diese Berichterstattung auf Englisch will Cumhuriyet über die nächsten Monate weiter ausbauen, um der globalen Öffentlichkeit diese hochwertigen Analysen der Begebenheiten in der Türkei näherzubringen.
Warum abonnieren?
Caroline Stockford, Turkey Advocacy Coordinator, Internationales Presse Institut (IPI):
„Trotz der aggressiven Versuche ihre Arbeit zu stören, zeigen die verbleibenden unabhängigen Medien in der Türkei, unter ihnen Cumhuriyet, unglaubliche Stärke und Einsatz, um die Öffentlichkeit weiterhin mit kritischer Berichterstattung und Information zu versorgen. Was sie jetzt brauchen ist vor allem finanzielle Unterstützung sowie die Solidarität ihrer Kollegen und Sympathisanten in der ganzen Welt.“
Rebecca Harms, MEP:
Cumhuriyet ist nicht nur die älteste Tageszeitung der Türkei, sondern auch eine der wenigen verbleibenden unabhängigen Medien in der Türkei. Obwohl sie unter enormem Druck stehen, viele von ihnen im Gefängnis saßen und Gerichtsverfahren mit absurdesten Anschuldigungen am Hals haben, kämpfen die mutigen MitarbeiterInnen der Cumhuriyet-Zeitung weiterhin für die Pressefreiheit und arbeiten jeden Tag hart daran, ihren Lesern eine hochwertige Berichterstattung zu liefern. Gleichzeitig verlieren sie immer mehr Sponsoren und Werbepartner. Deshalb freue ich mich, dass mein Abonnement Cumhuriyet hilft, ihre mutige Arbeit zu finanzieren. Ich hoffe, dass wir viele von Ihnen überzeugen können, auch die Cumhuriyet-Zeitung zu abonnieren. Cumhuriyet steht für Pressefreiheit und Meinungsfreiheit. Es ist ein Abonnement für die Freiheit und Demokratie.“
William Nygaard, Präsident bei PEN Norwegen:
„Mit ihrem steigenden Grad an englischen Inhalten stellt Cumhuriyet eine mutige und offene internationale Stimme in der Türkei dar, wo sich das Justizsystem auf dem absteigenden Ast befindet. Cumhuriyet wird so zahlreiche neue Leser erreichen und dabei aufzeigen, wie die türkische Regierung in ihrem Streben nach Macht zunehmend die Bevölkerung unterdrückt. Das gibt Hoffnung. Wir unterstützen die Zukunft und die Notwendigkeit des freien Journalismus in der Türkei, und diese Kampagne wird dabei helfen.“
Katie Morris, Leiterin des Bereichs Europa und Zentralasien bei ARTICLE 19:
„Der Druck auf die unabhängigen Medien und die JournalistInnen in der Türkei ist außergewöhnlich. Die ‚I Subscribe‘-Kampagne erlaubt es jedem, die unabhängigen JournalistInnen in der Türkei praktisch und auf direktem Wege zu unterstützen. Dies schützt das Recht auf Meinungsfreiheit und gibt den Lesern in der Türkei Zugriff auf Information und verschiedene Sichtweisen. Die Kampagne ist eine Art, wie wir alle Unterstützung und Solidarität zeigen können.“
Kati Piri, MEP:
„In den letzten Jahren hat sich die Medienzensur in der Türkei ausgebreitet wie ein Lauffeuer. Das Durchgreifen der Regierung gegenüber der regierungskritischen Presse hat den Journalismus in eine riskante Tätigkeit verwandelt und die Türkei zu dem Land mit den meisten inhaftierten JournalistInnen weltweit gemacht. Keine Demokratie kann ohne die Pressefreiheit überstehen und ich unterstütze die ‚I Subscribe‘-Kampagne für unabhängigen Journalismus in der Türkei deswegen von ganzem Herzen.
Nora Wehofsits, Advocacy Officer, ECPMF:
„An der ‚I Subscribe‘-Kampagne teilzunehmen, bedeutet nicht nur Solidarität zu zeigen, sondern ganz konkret zu dem Überleben der wenigen kritischen Stimmen und unabhängigen Medien in der Türkei beizutragen. Die Kampagne fordert jeden einzelnen dazu auf, ein Zeichen zu setzen und aktiv zu werden, um Medienpluralismus zu bewahren.“
Antonella Napoli, Vorstandsmitglied bei Articolo 21:
„In der Türkei war es noch niemals so schwer, die Pressefreiheit und die Demokratie zu verteidigen. Die Türkei ist zum größten Gefängnis der Welt für JournalistInnen geworden, wo derzeit 160 unserer KollegInnen einsitzen. Das kann uns nicht egal sein. Wir sind alle verpflichtet unseren Teil zur Unterstützung der KollegInnen zu leisten, die weiterhin für die Presse- und Meinungsfreiheit kämpfen und die nicht unter dem Druck der Rechtsverfolgung einknicken. Wir sind stolz darauf, dass wir ihnen nahe stehen“.
Sally Baker, Direktorin von PEN Cymru Wales:
„Unabhängige Medien sind in jedem Land von großer Wichtigkeit. Wales PEN Cymru zeigt sich stolz darüber, die unabhängigen JournalistInnen in der Türkei zu unterstützen, deren Rolle essenziell für die Aufklärung der Öffentlichkeit und somit auch für die fundierte und demokratische Debatte in der Türkei ist.“
Ralf Nestmeyer, Vizedirektor bei PEN Deutschland:
„Die Freiheit des Wortes ist einer der Grundpfeiler jeder freien Gesellschaft, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Vor diesem Hintergrund haben die unabhängigen Medien und JournalistInnen in der Türkei jede mögliche Art der Unterstützung und Solidarität verdient. Helfen Sie bitte dabei, die Regierung der Türkei davon abzuhalten, das Recht auf freie Meinungsäußerung dauerhaft zu unterdrücken und unterstützen Sie die ‚I Subscribe‘-Kampagne.“
Marietje Schaake, MEP:
„Die Pressefreiheit wird von der türkischen Regierung systematisch unterdrückt, was einen lähmenden Effekt auf die Meinungsfreiheit und den unabhängigen Journalismus hat. Wir müssen unsere Unterstützung für den Mut der JournalistInnen und RedakteurInnen zeigen, die in den verbleibenden unabhängigen Medienhäusern arbeiten. Deshalb ist diese Kampagne so wichtig.“
Carles Torner, Exekutivdirektor von PEN International:
„Das Durchgreifen der türkischen Behörden bei allen, die anderer Meinung sind, gefährdet das fundamentale Recht der Bevölkerung auf Meinungsäußerung und darauf, Informationen zu teilen und zu erhalten. Mit der ‚I Subscribe‘-Kampagne kann man den unabhängigen Journalismus in der Türkei auf direktem Wege unterstützen.“
Aus dem Englischen von Benedikt Stuck übersetzt