Die Verurteilung von Journalistin und IPI-Vorstandsmitglied Maria Ressa ist höchst bedauerlich und stellt einen traurigen Tag für die Pressefreiheit auf den Philippinen dar, so das Internationale Presse Institut (IPI).
Am Montag verurteilte ein regionales Prozessgericht in Manila, Ressa, CEO der Nachrichtenwebsite Rappler und den ehemaligen Rappler-Journalist Reynaldo Santos Jr. wegen Cyber-Verleumdung. Die Website Rappler, die ebenfalls in diesem Fall angeklagt war, wurde für nicht haftbar befunden. Bei der Verkündung des Urteils erklärte die Richterin, dass die Pressefreiheit nicht als Schutzschild gegen Verleumdung genutzt werden könne.
Das Gericht verurteilte Ressa und Santos zu einer Maximalhaftstrafe von sechs Jahren, davon mindestens sechs Monate und ein Tag. Sie wurden auf Kaution freigelassen, gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt. Außerdem wurden Ressa und Santos für immaterielle Schäden zu einer Zahlung von jeweils 200.000 philippinischen Pesos (ca. 3.500 Euro) verurteilt, ebenso wie zu 200,000 philippinischen Pesos für Strafschadenersatz.
„Im Namen des IPI-Vorstands bedauere ich die Verurteilungen meiner IPI-Vorstandskollegin Maria Ressa und Reynaldo Santos. Das ist ein trauriger Tag für den Journalismus und die Pressefreiheit, nicht nur auf den Philippinen, sondern auf der ganzen Welt“, sagte der IPI-Vorstandsvorsitzende Markus Spillmann. „Es besteht für uns kein Zweifel“: Maria Ressa wurde für ihren unerschrockenen Journalismus und für ihre Wahrheitsliebe verurteilt. Dieses Urteil dient als Warnung für alle unabhängigen Journalisten des Landes“.
Er fügte hinzu: „Die weltweite IPI-Gemeinschaft steht hinter Maria Ressa, und wir werden ihren Kampf für Gerechtigkeit und eine freie Ausübung ihrer Arbeit unterstützen“.
Ressa und Reynaldo werden zu diesem Zeitpunkt nicht ins Gefängnis gehen, da gegen die Verurteilung Berufung eingelegt werden kann und sie die Möglichkeit haben, Rechtsmittel in höheren Instanzen in Anspruch zu nehmen.
Der Cyber-Verleumdungsfall gegen Ressa basiert auf einem Bericht, der von Rappler im Mai 2012 veröffentlicht wurde. In dem Artikel hieß es, dass der damalige Präsident des Obersten Gerichtshofs der Philippinen, Renato Corona, Fahrzeuge eines umstrittenen Geschäftsmannes benutzt habe. Der Artikel wurde im Februar 2014 erneut veröffentlicht, um einen Rechtschreibfehler zu korrigieren, was eine übliche Praxis bei der Veröffentlichung von Nachrichten ist.
Im Februar letzten Jahres verhaftete das Justizministerium Ressa und erhob Anklage gegen sie, den Reporter Reynaldo Santos Jr. und Rappler Inc. unter dem Cybercrime Präventionsgesetz, das im September 2012 in Kraft trat, vier Monate nach der Veröffentlichung des ursprünglichen Berichts im Rappler. Die Anklage ging auf eine Beschwerde des Geschäftsmannes Wilfredo D. Keng zurück. Die Behörden lehnten es zunächst ab, den Fall strafrechtlich zu verfolgen, machten diese Entscheidung jedoch später wieder rückgängig.
Vor Gericht argumentierte die Staatsanwaltschaft, dass die Neuveröffentlichung des Artikels im Jahr 2014 zur Korrektur eines „Tippfehlers“ einer Neuveröffentlichung der Story gleichkäme und daher das Cyber-Verleumdungsgesetz angewendet werden könne.
Maria Ressa und Rappler sind seit Jahren im Visier von Präsident Duterte, der falsche Anschuldigungen gegen die Medienorganisation erhoben und ihr vorgeworfen hat, von ausländischen Agenturen finanziert zu werden, die versuchen, seine Regierung zu destabilisieren. Die Angriffe auf Rappler begannen 2016 mit einer Vielzahl an Online-Angriffen in den sozialen Medien und wurden später mit Verhaftungen und rechtlichen Schikanen fortgesetzt.
Gegenwärtig sind insgesamt acht Verfahren gegen Ressa und Rappler ausstehend, darunter drei Steuerverfahren, Anklagen wegen Verletzung der Bestimmungen über Fremdenbeteiligung und eine angebliche Verletzung des Staatsangehörigkeitsrechts („Anti-Dummy-Gesetz“). Insgesamt droht ihr fast 100 Jahre Gefängnis.
Aus dem Englischen übersetzt von Julia Rieser