Die vor dem Welttag der Pressefreiheit am 3. Mai veröffentlichten Daten des „Ukraine War Press Freedom Tracker“ des IPI unterstreichen die verheerenden Auswirkungen, die der Krieg bereits vom unabhängigen Journalismus, der Medienfreiheit und der Sicherheit von Journalisten in beiden Ländern gefordert hat.
Laut der Erhebung des IPI wurden seit dem 24. Februar sieben Journalistinnen und Journalisten sowie Medienschaffende in der Ukraine in Ausübung ihrer Tätigkeit getötet. Es gibt Hinweise, dass mindestens zwei weitere im Zusammenhang mit ihrem Beruf von russischen Truppen in den besetzten Gebieten getötet wurden.
Zudem hat das IPI 33 schwere Fälle dokumentiert, in denen in- und ausländische Journalistinnen und Journalisten, die von der Front in der Ukraine berichteten, angegriffen, beschossen oder von Granaten getroffen wurden. Viele von ihnen wurden mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. 21 haben Schussverletzungen erlitten. In mindestens 12 Fällen wurden Verletzungen durch Granatenbeschuss und Luftangriffe verursacht.
Mindestens fünf Journalistinnen und Journalisten wurden entführt, einige von ihnen wurden von russischen Soldaten gefoltert, geschlagen und anderen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt.
Dutzende regionaler Medienunternehmen mussten aufgrund von Drohungen und Schließungen der Redaktionen ihre Arbeit einstellen. Vier bestätigte Angriffe auf Fernsehtürme und Infrastruktur in der Ukraine wurden dokumentiert.
Insgesamt waren russische Staatsvertreter und Militärs für 76 % aller vom IPI in den letzten drei Monaten im Zusammenhang mit dem Krieg dokumentierten Verletzungen der Pressefreiheit verantwortlich.
Massive Repression in Russland
In Russland versucht das Regime, alle verbliebenen Quellen für unabhängige Nachrichten und Informationen zu eliminieren. Es wurden mindestens 114 Medien- und Nachrichten-Websites von der staatlichen Regulierungsbehörde blockiert. Dies entspricht 32 % aller auf IPIs „Ukraine War Press Freedom Tracker“ registrierten Verstöße.
Mindestens 10 große Sender oder Zeitungen wurden seitdem geschlossen oder gezwungen, ihren Betrieb ganz einzustellen. Darunter befanden sich viele der letzten Bastionen unabhängiger Berichterstattung wie Novaya Gazeta, Ekho Moskvy und Dozhd TV.
Das IPI dokumentierte des Weiteren 49 Vorfälle, in denen Medienschaffende in den letzten drei Monaten festgenommen wurden, als sie über Antikriegsproteste in Städten im ganzen Land berichteten. Viele wurden festgenommen, obwohl sie im Besitz eines Journalistenausweises waren.
Bisher wurden mindestens elf Journalisten auf der Grundlage eines neuen Gesetzes zu Geldstrafen verurteilt oder inhaftiert, weil Behörden ihre Nachrichten über die Streitkräfte als „Fake News“ bewertet haben. Hunderte russische Journalistinnen und Journalisten sind seitdem aus Angst vor Strafverfolgung aus dem Land geflohen.
Dutzende ausländischer Medien waren zudem gezwungen, ihre Büros zu schließen und ihre Korrespondentinnen und Korrespondenten aus dem Land abzuziehen. Dies trug zum Zusammenbruch der unparteiischen Berichterstattung bei und führte dazu, dass die russischen Bürger zunehmend isoliert und der Kreml-Propaganda ausgesetzt sind.
„Diese Zahlen unterstreichen den verheerenden Tribut, den dieser Krieg bereits im Leben von Journalisten gefordert hat, sowie das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen und Angriffe auf die Pressefreiheit“, sagte IPI-Direktorin Barbara Trionfi. „Wir ehren den Mut aller Journalisten, die weiterhin die tragischen menschlichen Kosten dieses Krieges unter äußerst schwierigen Umständen dokumentieren.
„In der Ukraine haben Journalisten, die von der Front berichten, ihr Leben verloren und andere wurden Angriffen, Entführungen und Folter ausgesetzt. In Russland ist der Kreml dazu übergegangen, das Medienökosystem systematisch von jeglicher unparteiischen Berichterstattung über den Krieg zu säubern und die Überreste der unabhängigen Presse des Landes zu vernichten.“
„Diese Angriffe in beiden Ländern werfen einen dunklen Schatten auf den diesjährigen Tag der Pressefreiheit. Sie sollten auch die Entschlossenheit der internationalen Gemeinschaft neu ausrichten, der Journalistengemeinschaft in der Ukraine und den ins Exil vertriebenen unabhängigen russischen Journalisten dringend benötigte Unterstützung zu leisten und gleichzeitig die Pressefreiheit im Inland zu wahren.
„Während dieser entsetzliche Krieg andauert, wird IPI weiterhin alles tun, um jeden einzelnen Angriff auf Journalisten und jeden Akt der Zensur und Gewalt gegen die Presse zu dokumentieren, um sicherzustellen, dass eine umfassende Aufzeichnung des gesamten Ausmaßes dieser Angriffe auf die journalistischen Freiheiten existiert.
Zensur oder restriktive Vorschriften für unabhängigen Journalismus machten 46 % der vom IPI dokumentierten Fälle aus, wobei 87 % dieser Verstöße von russischen Behörden begangen wurden.
Festnahmen sowie strafrechtliche Ermittlungen und Anklagen machten weitere 25 % aller erfassten Fälle aus, von denen russische Polizei und Sicherheitskräfte für 94 % verantwortlich waren.
14 % der erfassten Fälle waren Angriffe auf Journalisten und Medienakteure durch russische Streitkräfte, wobei hier die schwersten Angriffe und Tötungen umfasst sind. Russische Stellen, wie die Regierung, Staatsanwälte und Regulierungsbehörden, waren für 61 % der weiteren registrierten Fälle verantwortlich.
Das Monitoring des IPI umfasst alle Verletzungen der Pressefreiheit im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. Obgleich die überwiegende Mehrheit der Fälle auf dem Territorium der Ukraine und Russlands dokumentiert wurde, umfasst das Monitoring auch Weißrussland und andere Staaten auf der ganzen Welt.